LIGA, AK Asyl und Initiativausschuss formulieren „Grundsätze und Erwartungen“

In einem gemeinsamen Positionspapier haben die LIGA  der Freien Wohlfahrtspflege, der AK Asyl und der Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz „Grundsätze und Erwartungen an die Beratung zur freiwilligen Rückkehr“ formuliert. Darin kritisieren sie, dass die Debatte  über die Durchsetzung der Ausreisepflicht von Ausländerinnen und Ausländern mit falschen Zahlen geführt wird:

„Anders als behauptet ist die Zahl ausreispflichtiger Personen seit Mitte 2015 trotz der Aufnahme von mehr als 1 Million Flüchtlingen kaum angestiegen. Sie liegt stabil bei etwa 200.00 Menschen. Weniger als die Hälfte von ihnen sind abgelehnte Asylsuchende. Bei den meisten Betroffenen ist die Ausreisepflicht zudem wegen einer existenzbedrohenden Situation im Herkunftsland vorübergehend ausgesetzt. Sie werden deshalb geduldet. Das betrifft derzeit insbesondere afghanische Staatsangehörige“.
 
Die in Rheinland-Pfalz gegenwärtig von den Ausländerbehörden praktizierte flächendeckende und verpflichtende „Rückkehrberatung“ von Asylsuchenden und geduldeten Flüchtlingen lehnen die LIGA, der AK Asyl und der Initiativausschuss als unverhältnismäßig und integrationsgefährdend ab: „Statt Menschen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft keine Rückkehrperspektive haben, in sogenannten ‚Rückkehrberatungen‘ mit Abschiebung zu drohen und damit zu verunsichern, wäre es im gesamtgesellschaftlichen Interesse, systematisch ihre schnellstmögliche Integration zu fördern. Das geschieht gegenwärtig nicht.“

Die LIGA, der AK Asyl und der Initiativausschuss flankieren ihre Kritik mit fünf Erwartungen an die Rückkehrberatungspraxis in Rheinland-Pfalz:

  • Freiwilligkeit:
    Das Angebot der Beratung muss sich ausschließlich an Ausländer/innen richten, die selbstbestimmt den Wunsch zur Rückkehr äußern oder deren Abschiebung tatsächlich möglich ist und unmittelbar bevorsteht.
  • Unabhängigkeit:
    Die Beratung darf nicht durch die zugleich für die Durchsetzung der Ausreisepflicht zuständige Ausländerbehörde erfolgen.
  • Ergebnisoffenheit:
    Die Beratung muss die Betroffenen in die Lage versetzen, selbst über die weitere Aufenthaltsperspektive in Deutschland und die Reintegrationsperspektive im Herkunftsland zu befinden und eigenverantwortlich über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
  • Vertrauen:
    Die Beratung bedarf eines besonderen und gewachsenen Vertrauensverhältnisses. Sie ist deshalb integraler Bestandteil der umfassenden, unabhängigen Asylverfahrens- und Migrationsberatung der Wohlfahrtsverbände und anderer zivilgesellschaftlicher Akteure.
  • Keine Instrumentalisierung:
    Individuelle Entscheidungen zur freiwilligen Rückkehr dürfen nicht zur Beschönigung der Lage in einem Herkunftsland oder anderweitig für Abschiebungszwecke instrumentalisiert werden.

Ihr Positionspapier haben die LIGA, der AK Asyl und der Initiativausschuss den Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien sowie Integrationsministerin Anne Spiegel zugeleitet. Sie verbinden die Übersendung mit dem Angebot zu Gesprächen und der Mitarbeit an einer grundlegenden und an den genannten Grundsätzen orientierten Reform der derzeitigen Rückkehrberatungspraxis in Rheinland-Pfalz. Sie verstehen ihre Initiative zugleich als Beitrag zur Versachlichung der zunehmend populistisch geprägten Debatte um die Ausreisepflicht von Ausländerinnen und Ausländern und erwarten hierbei die Unterstützung der demokratischen Parteien auch im derzeit laufenden Bundestagswahlkampf.

Pressemitteilung von LIGA, AK Asyl und Initiativausschuss

Das Positionspapier als PDF (6 Seiten).

Gemeinsames Positionspapier zur „Rückkehrberatung“