22.09.2017 – Dass die Bundesregierung auch nach der am 28. Juli 2017 vorgelegten Beurteilung des Auswärtigen Amtes zur Lage in Afghanistan Abschiebungen weiterhin für möglich hält, hat Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bereits frühzeitig im August 2017 erklärt. Folgerichtig startete am 12. September von Düsseldorf aus ein Flugzeug, mit dem acht Afghanen unmittelbar aus der Straf- oder Abschiebungshaft nach Kabul abgeschoben wurden.

PRO ASYL hat in diesem Zusammenhang „vor einem Überbietungswettbewerb der Härte gegen Flüchtlinge in Worten und Taten“ gewarnt und aktuelle Berichte zusammengetragen, die deutlich machen, dass „Folter und Misshandlungen zu den Ermittlungsmethoden der afghanischen Sicherheitsbehörden (gehören) und in der regulären Strafverfolgung praktiziert“ werden.

O-Ton Günter Burkhardt (Geschäftsführer PRO ASYL) hierzu: „Niemand von uns hat Sympathien für Menschen, die schwer kriminell sind und wegen schwerer Straftaten in Haft sitzen“. Es stelle sich aber – so Burkhardt weiter –  die Frage, ob Deutschland Straftäter in einen Staat abschieben sollte, in dem Folter und Misshandlungen zu den Ermittlungsmethoden der Sicherheitsbehörden gehörten.
Ein kurzer Blick auf Artikel 3 der UN-Antifolterkonvention kann bei der Beantwortung dieser Frage helfen.

Im öffentlichen Teil der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke teilt das Bundesinnenministerium am Tag nach der Abschiebung, also am 13. September, nun noch einmal mit, dass sich aus der aktuellen „Lagebeurteilung des Auswärtigen Amtes zu Afghanistan vom 28. Juli 2017 keine grundsätzlichen (!) Änderungen zu der bisherigen Entscheidungspraxis des Bundesamtes“ ergeben hätten. Ob das Wort „grundsätzlich“ andeutet, dass es Änderungen im Detail gab, die sich z.B. in den „Herkunftsländer-Leitsätzen“ des BAMF zu Afghanistan niedergeschlagen haben, kann nur vermutet werden. Dafür spricht allerdings, dass die Leitsätze der Antwort des BMI als Anlage beigefügt und diese Anlage als „Verschlusssache“ deklariert wurde, da „die Kenntnis der Inhalte der Herkunftsländerleitsätze des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sowie des Asyllageberichts des Auswärtigen Amtes die Aufgabenerfüllung des BAMF im Asylverfahren erheblich erschweren würde.“

Höhere Schutzquote für Menschen aus Afghanistan

Dahingestellt, ob es ein vorsichtiges Anzeichen für eine leicht geänderte Entscheidungspraxis des BAMF oder lediglich ein statistischer Ausreißer nach oben ist: Im August 2017 betrug die Gesamtschutzquote bei immerhin knapp 3.500 Entscheidungen des BAMF über Asylanträge von Afghaninnen und Afghanen immerhin 49,3 Prozent (gegenüber 44,1 Prozent im gesamten 1. Halbjahr 2017 und gegenüber 44,2 Prozent im 2. Quartal 2017). Die bereinigte Gesamtschutzquote lag im August sogar bei 57,0 Prozent (gegenüber 46,7 Prozent im 1. Halbjahr 2017 und gegenüber 46,4 Prozent im 2. Quartal 2017). 

Textquelle: Initiativausschuss für Migrationspolitik in RLP

Afghanistan – Entscheidungspraxis des BAMF