Mit ihrer Handreichung trifft die dsj den Nerv der Zivilgesellschaft. In den letzten Monaten wurde die Gemeinnützigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen immer wieder angefochten. Maßgeblich war dafür vor allem das Attac-Urteil. Die Handreichung zeigt in diesem Sinne auf, welche Möglichkeiten aber auch Schranken das Gemeinnützigkeitsrecht setzt, wenn es um die gesellschaftspolitische Positionierung bei Vereinen geht. Die GFF geht dabei sogar noch einen Schritt weiter und fordert aus oben genannten Gründen eine vollständige Reformierung des Gemeinnützigkeitsrechts.
Nicht nur in Sportvereinen herrscht immer wieder Unsicherheit bezüglich der Positionierung zu gesellschaftspolitischen Themen, auch in ehrenamtlichen Strukturen im Integrationsbereich ist dies oftmals der Fall. Aufgrund der polarisierenden Wirkung der Themen Flucht, Migration und Integration oder erlebter Anfeindungen seitens rechter Gruppierungen unter Umständen sogar noch einmal stärker.
Die Handreichung der dsj kann allgemein auch von Vereinen in der Integrationsarbeit genutzt werden und dreht sich im Grunde genommen um zwei zentrale Begriff: Zum einen um das „Neutralitätsgebot“ und zum anderen um die „parteipolitische Zweckverfolgung“. Dahingehend auch, wie gemeinnützige Vereine damit umzugehen haben.
Das „Neutralitätsgebot“ ist der im Grundgesetz festgehaltene Grundsatz zur parteipolitischen Neutralität. Verfassungsrechtlich gilt dieser jedoch nicht für Vereine, sondern lediglich für Regierungsmitglieder oder Gemeinden, die sich damit nicht zu politischen Parteien positionieren dürfen. Vereine können jedoch diese politische Neutralität explizit in ihren Satzungen festhalten und sich somit auch an diese binden (Handreichung dsj: 7). Beispielsweise aus Gründen der Transparenz.
Steuerrechtlich im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts hingegen dürfen gemeinnützige Vereine auch ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgen. Parteipolitik ist sinngemäß jedoch kein gemeinnütziger Zweck, wodurch Vereine keine rein parteipolitischen Aktivitäten unterstützen oder ablehnen dürfen (Handreichung dsj: 9). Dies wird auch Verbot der „parteipolitischen Zweckverfolgung“ genannt. Vereine dürfen sich daher zwar gesellschaftspolitisch positionieren aber nur innerhalb der eigenen gemeinnützigen Zwecke: Sachliche Auseinandersetzungen mit den Positionen von Parteien ist aber auch Vereinen erlaubt.
Weiter geht es in der Handreichung um die Fragen, ob ein Verein jede Person aufnehmen muss, Demonstrationen unterstützen und daran teilnehmen darf oder bei Veranstaltungen Vertreter:innen aller Parteien einladen muss. Wir empfehlen daher, einen Blick hineinzuwerfen.
Die GFF sieht in diesem Sinne jedoch eine Gefahr für Vereine, die sich für politische Bildung oder Demokratieförderung einsetzen und bezieht sich dabei auch auf das oben genannte Attac-Urteil. Politisch engagierte Vereine geraten zunehmend in eine Rechtsunsicherheit und wissen nicht, ob ihre Arbeit zukünftig noch als gemeinnützig eingestuft wird.
Daher wurde von der GFF Anfang August ein Entwurf für ein Demokratiestärkungsgesetz vorgestellt, die damit für eine Reformierung des Gemeinnützigkeitsrechts plädiert. Weitere Informationen zum Vorhaben der GFF und was Gemeinnützigkeit für einen Verein bedeutet findet Ihr hier.
Begleitend zu dem oben genannten Entwurf präsentiert die GFF dabei auch einen 7-Punkte-Plan für ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht, eine mögliche Handlungsanleitung zur Reform für die kommende Legislaturperiode. Welche Parteien Gemeinnützigkeit und Demokratiepolitik in ihren Wahlprogrammen thematisieren, was sich seit 2017 in diesen Bereichen geändert hat und was nach der Wahl perspektivisch geschehen muss, beschreibt zudem das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BEE) in einem Beitrag auf seiner Homepage und nähert sich dabei den Forderungen der GFF an.
Die Handreichung findet Ihr zum Download auf der Homepage der dsj. Zu der Handreichung gibt es auch eine ergänzende Video-Reihe, die Ihr auf Youtube findet. In dieser Reihe stellt Prof. Dr. Martin Nolte von der Deutschen Sporthochschule Köln Erkenntnisse zu einem Rechtsgutachten vor, welches das „Neutralitätsgebot“ und die „parteipolitische Zweckverfolgung“ von Vereinen betrifft.