Pressemitteilung zum Tag des Flüchtlings 30. September 2022:                           Die vergessenen Flüchtlinge

Anlässlich des Tag des Flüchtlings am 30.09.2022 erhoffen wir, Flüchtlingsrat RLP und civi kune RLP, uns ein solidarisches Miteinander ohne Ungleichbehandlung und Rassismus und fordern Schutz für alle!


In Folge des Kriegs in der Ukraine fliehen viele ukrainische Staatsangehörige von dort in andere europäische Länder. In Deutschland begegnet ihnen viel Wohlwollen und Hilfsbereitschaft und auch politisch werden viele Hürden zur Aufnahme dieser Flüchtlinge abgebaut. Wir begrüßen das ausdrücklich und freuen uns, dass die folgenden Forderungen von Flüchtlingsorganisationen für eine humane Aufnahme, für die auch wir schon lange Zeit plädieren und kämpfen, nun zum ersten Mal konkret und im großen Stil umgesetzt werden:

  • Schaffung legaler und sicherer Fluchtwege
  • Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für einen rechtmäßigen Aufenthalt statt einem langen Asylverfahren
  • Freie Wahl des Wohn- und Aufenthaltsorts im Bundesgebiet
  • Unterbringung in Einzelwohnungen statt in Sammelunterkünften
  • Bezug von SGB II-Leistungen statt höchst prekärer Leistungen nach dem AsylbLG

Auch wenn die Aufnahme der Flüchtlinge mit ukrainischer Staatsbürgerschaft unter diesen Voraussetzungen aktuell problemlos und menschenwürdig stattfinden kann, so werden diese Aufnahmemaßnahmen von politischer Seite doch nur einseitig und äußerst ungleich angewandt.

In Vergessenheit geraten Geflüchtete aus anderen Herkunftsländern. Sie müssen nach zum Teil langen und gefährlichen Fluchtwegen weiterhin unfreiwillig menschenverachtende Unterbringungsbedingungen ertragen oder stecken dabei jahrelang in einem Asylverfahren fest, mit eingeschränktem Zugang zu Deutschkursangeboten oder zu Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten.

Um den vergessenen Flüchtlingen eine Stimme zu geben, veröffentlichen wir an diesem Tag eine von Projektmitteln der UNO-Flüchtlingshilfe geförderte Video-Interviewreihe über den Youtube-Kanal des Flüchtlingsrat RLP e.V. (https://youtube.com/playlist?list=PLrV4fl2wUNsiNusne6gCWz-qp4h8lI7Qn). In den Interviews kommen insgesamt drei Flüchtlinge aus unterschiedlichen Herkunftsländern zu Wort: Ghada aus Syrien, Evon aus dem Irak und Salim aus Somalia. Sie erzählen, wie sie selbst die beschriebene Ungleichbehandlung und Diskriminierung erfahren und empfinden.


„Entschuldige, aber das ist Rassismus!“ Mit diesem Statement bringt es Ghada am Ende ihres Interviews auf den Punkt. Sie kann sich die ungleichen Voraussetzungen für Flüchtlinge in der aktuellen Situation nicht anders erklären. „Wir sind nicht gegen die ukrainische Leute. Nein, wir haben gleich Situation gelebt und wir wissen was passiert, wenn man hat in seinem Land Krieg.“ Ghada ist froh darüber, dass es ukrainische Staatsangehörige so einfach haben, hier anzukommen. Sie betont aber auch, dass es ihre Familie nicht so leicht hatte: Um nach Europa zu kommen, mussten sie in einem kleinen Boot über das Meer fliehen.

Auch Evon schildert starke rassistische Diskriminierung. „Und wir haben immer gefragt wegen Wohnung und dass mein Mann hat auch gearbeitet, alles Vollzeit. Und die Frage das war von welche Land kommst du. Wenn wir sagen aus dem Irak, die sagen nein, tut mir leid. Für Araber oder die arabische Länder die sofort das sagen so.“ Evon sagt klar, dass sie die Situation der geflüchteten Ukrainer:innen sehr gut kennt, da im Irak bis heute Krieg herrscht. Sie kann jedoch nicht nachvollziehen, dass bei ihr und ihrem Mann immer wieder nach der Herkunft gefragt wird. Jahrelang haben sie zu zweit in einem Ein-Zimmer-Apartment mit einem Einzelbett gewohnt.

Salim erzählt viel von seinem Freund Abdul Rashid, der seit acht Jahren mit ihm in Deutschland lebt, aufgrund seines Aufenthaltstitels aber nie einen Deutschkurs besuchen durfte. Im Nachgang zu seinem Interview schreibt uns Salim in einer E-Mail außerdem, dass er ein wichtiges Thema noch ansprechen möchte: Das Thema Einbürgerung: „Obwohl wir arbeiten und alles Voraussetzung erfüllt haben, leider wir können uns nicht eingebürgert werden, weil unsere Reisepass aus Somalia nicht bei Deutsche anerkannt ist. Das ist eine große Problem, die wir jetzt erleben.“ Auch seine Kinder, die in Deutschland geboren sind, sind bisher „identitätslos“, da somalische Dokumente nach 1991 von deutschen Behörden weiterhin nicht anerkannt werden.


Pressemitteilung zum Tag des Flüchtlings 30. September 2022: Die vergessenen Flüchtlinge