Bei strahlendem Sonnenschein machten wir uns am Mittwochmorgen auf den Weg in die Kleinstadt Wittlich, um die Initiative Perspektiven e.V. in ihrer zentralen Anlaufstelle (Eppes) zu besuchen. Wir wurden von zahlreichen Engagierten empfangen und unterhielten uns den ganzen Vormittag über die Angebote des Vereins, Probleme und Zukunftsvisionen sowie mögliche Themen für eine Kooperation mit civi kune RLP.
Der Verein Perspektiven e.V. wurde im Jahr 2021 gegründet und hat das zivilgesellschaftliche Empowerment zum Ziel. Der Anlass für die Gründung des Vereins war für die Gründerin ein Gespräch mit Geflüchteten. Sie teilten ihr mit, dass sie alles getan hätten, was sie ihnen geraten hatte: Sprache lernen, eine Arbeit finden etc. Dennoch stellten sie sich die Frage: „Wann gehören wir dazu?“.
Perspektiven e.V. schafft niedrigschwellige Angebote, die persönliche Begegnungen ermöglichen. Dabei gilt der Leitgedanke der Aktivierung, d.h. dass Menschen die Angebote einfach wahrnehmen können, später aber auch dazu ermutigt werden, sich selbst einzubringen. Der Verein bietet u.a. Deutschförderung, Kreativ-Workshops und Integrationsberatung an. Regelmäßig werden auch Aktionen in Kooperation mit anderen Vereinen, z.B. dem Eifelverein, durchgeführt.
Bei unserem Besuch begeisterte uns vor allem die Energie und die offene Art der Engagierten. Auch waren wir beeindruckt, wie überzeugt und reflektiert die Anwesenden über ihr Engagement sprachen. Dass bei Perspektiven e.V. die Türen wirklich für alle offen sind, davon kann sich jeder bei einem Spaziergang durch die Innenstadt überzeugen. Denn die Räumlichkeiten liegen sehr zentral und die Tür ist im Sommer tatsächlich immer geöffnet. Wer in die Nähe des Eingangs kommt, wird freundlich willkommen geheißen und kann sich sicher sein, dass ihm/ihr mit ehrlichem Interesse begegnet wird. Perspektiven e.V. zeigt beispielhaft, wie Vielfalt und Engagement lebendig wird, wenn alle als Menschen mit individuellen Potenzialen gesehen werden und darin ermutigt werden, ihre Fähigkeiten zum Wohle aller einzubringen.
Warum engagieren Sie sich für Geflüchtete?
Unser Ziel ist es, dass Geflüchtete willkommen sind und ein neues Zuhause bekommen. Wir wollen ihnen ein gutes Leben schenken. Außerdem können wir voneinander, untereinander und miteinander lernen. Es geht uns um die menschliche Ebene ohne Hierarchien. Menschlichkeit bedeutet für uns, dass wir unterstützen und Empowerment fördern. Menschen sind soziale Wesen, deshalb möchten wir allen ein Miteinander ermöglichen.
„Meine erste Begegnung mit einem Geflüchteten war sehr emotional, da der junge Geflüchtete, der vor mir stand, genauso alt war wie mein Sohn damals. Von da an habe ich es mir als Ziel gesetzt, Geflüchteten so eine Lebenssituation zu schaffen, wie ich es mir wünschen würde, dass meine Kinder sie so vorfinden, wenn sie in ein anderes Land kämen“. Außerdem bin ich der Überzeugung: Engagement bewegt!
Was sind für Sie zurzeit die größten Herausforderungen?
Die Bürokratie in all ihren Ebenen, sie erschwert es uns erfolgreich und effektiv in unserer Arbeit mit Geflüchteten zu sein. Die Identitätsklärung von geflüchteten Menschen ist zudem auch ein sehr präsentes Problem, welches unsere Arbeit beschränkt. Es gibt viele Menschen, die richtig ankommen möchten und aufgrund dieser Problematik frustriert sind, da ihnen die gesellschaftliche Teilhabe verwehrt wird. Zudem stehen wir vor der Herausforderung, (migrantischen) Nachwuchs im Ehrenamt zu finden. Deshalb stellen wir uns selber die Frage, „wie verstehen andere Menschen Engagement?“ und setzen es uns als Ziel, vor allem Menschen mit Fluchterfahrung in unsere Ehrenamtsstrukturen mitaufzunehmen. Zuletzt ist es unser Wunsch, für Perspektiven e.V. eine konstante Finanzierung zu erhalten. Wir möchten z.B. allen Menschen Zugang in unsere Räumlichkeiten ermöglichen, weshalb wir eine barrierefreie Toilette bauen möchten. Auch wollen wir ein kleines Büro, welches als schützenden Raum für sensiblen Austausch und persönliche Beratung für geflüchtete Menschen dient. Jedoch fehlt uns für diese Projekte zurzeit noch das Geld und die Räumlichkeiten.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Wir möchten, dass unser Engagement Bestand hat: Unsere Arbeit mit Geflüchteten soll sich schnell weiterentwickeln, wir möchten Veränderung sehen! Unser Ziel ist es, politisch etwas bewegen zu können und dass unsere Belange von Politiker:innen wahrgenommen werden. Zudem würden wir gerne vor Ort hier in Wittlich mehr Akzeptanz unseres Begegnungsortes inklusive der Angebote erleben. Wir wünschen uns mehr Zuspruch und eben auch mehr Menschen, die sich in der Arbeit mit Geflüchteten engagieren wollen. Zum Beispiel möchten wir vor allem Menschen mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung ermutigen, sich ehrenamtlich zu engagieren, denn wir sind uns sicher: jede:r kann hierfür ein bestimmtes „Know-how“ abgeben und eine Bereicherung für die Ehrenamtsarbeit sein. Für die Zukunft hier in Perspektiven e.V. wünschen wir uns außerdem, dass ein Kommunikationssystem eingeführt wird, welches die Vernetzung zwischen Ehrenamtlichen und Referent:innen effektiv ermöglicht. Auch mit den Weiterbildungsangeboten möchten wir uns gerne mit anderen Initiativen verknüpfen und kooperieren, damit gleichzeitig auch das Netzwerk der Menschen, die sich für Geflüchtete engagieren, ausgebaut werden kann. Im Vordergrund unserer Arbeit ist aber vor allem die persönliche Begegnung mit den Menschen, die Teil unserer Gesellschaft sind. Zuletzt zählt zu unseren Wünschen auch, für unsere Arbeit finanziell abgesichert zu sein.
Eure Initiative möchte sich mit uns austauschen? Meldet euch gern bei uns unter: ehrenamt@fluechtlingsrat-rlp.de