In Diskussionen über Integration stehen häufig Vorurteile und Emotionen im Vordergrund, während sachliche Argumente oft vernachlässigt werden. Hier sind fünf weit verbreitete Vorurteile rund um das Thema:
1. Vorurteil: Geflüchtete kommen auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht an:
Der Weg in den Job ist für geflüchtete Menschen oft sehr schwer. Asylsuchende zum Beispiel dürfen sich frühestens drei Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland um einen Job bewerben – und das auch nur, wenn sie dann nicht mehr verpflichtet sind, in einer Asylunterkunft zu leben. Auch fehlende Sprachkenntnisse oder Berufsabschlüsse sind eine hohe Barriere; Abschlüsse aus dem Ausland in Deutschland häufig nicht anerkannt werden; Auf dem Arbeitsmarkt selbst müssen Migrant:innen häufig mit Diskriminierung rechnen. Studien zeigen beispielsweise, dass Menschen mit Migrationshintergrund und Muslim:innen seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden.
Dazu kommt, dass die Asylpolitik in Deutschland größeren Wert auf Maßnahmen wie Integrationskurse legt als auf eine schnelle Vermittlung in den Arbeitsmarkt. Laut Mediendienst Integration die meisten ausländischen Beschäftigten in Deutschland haben eine türkische Staatsbürgerschaft, gefolgt von den Beschäftigten aus Polen. Ende 2023 waren in Deutschland rund 987.00 Ausländerinnen und Ausländer abeitloss und instgesamt rund 1,8 Millionen Ausländer:innen waren als arbeitsuchend bei der Bundesagentur für Arbeit oder einem Jobcenter gemeldet. Auch immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine finden einen Job: Laut Bundesagentur für Arbeit lag die Beschäftigungsquote im September 2024 bei 29,4 Prozent. Im Herbst 2022 waren es im Vergleich dazu noch 19 Prozent.
2. Vorurteil: Migrant:innen sind krimineller als Deutsche:
Laut polizeilicher Kriminalstatistik stellten ausländische Staatsbürger:innen 2023 41,1 Prozent der Tatverdächtigen, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung nur 15 Prozent beträgt. Diese Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu interpretieren: Die Statistik erfasst auch Personen, die nicht in Deutschland wohnen, wie Tourist:innen, sowie spezifische Delikte wie illegale Einreisen, die ausschließlich von Migrant:innen begangen werden können. Solche Faktoren verzerren das Bild und machen eine differenzierte Betrachtung notwendig. Studien haben gezeigt, dass Personen, die als „fremd“ wahrgenommen werden, häufiger angezeigt werden als Personen, die als „deutsch“ wahrgenommen werden – sagt Kriminologin Gina Wollinger im Interview mit Mediendienst Integration.
3. Vorurteil: Clankriminalität ist ein großes Sicherheitsproblem in Deutschland:
Das Bild von arabisch-türkischen Großfamilien als kriminelle Clans, die in Parallelgesellschaften leben, entspricht nicht der Realität. Laut dem Bericht „Lagebild Clankriminalität“ machten Straftaten unter diesem Begriff 2022 in Berlin lediglich 0,17 Prozent der Kriminalstatistik aus. Zudem wird „Clankriminalität“ oft mit organisierter Kriminalität gleichgesetzt, obwohl beide Begriffe unterschiedliche Phänomene beschreiben. Während organisiertes Verbrechen schwerwiegende, geplante Delikte umfasst, werden bei „Clankriminalität“ auch geringfügige Vergehen erfasst, sofern sie Personen aus als „Clan“ markierten Familien zugeordnet werden.
4. Vorurteil: Für Kommunen ist die Aufnahme Geflüchteter nicht mehr zu bewältigen:
Für 71 Prozent der Kommunen in Deutschland ist die Unterbringung geflüchteter Menschen herausfordernd, aber machbar. Das hat eine Umfrage der Universität Hildesheim und des Mediendiensts Integration im Frühjahr 2024 ergeben. Daraus geht auch hervor, dass sich die Lage deutlich verbessert hat: Im Herbst 2023 gaben rund 40 Prozent der Kommunen an, sie befänden sich „im Notfallmodus“. Bis Mai 2024 sank der Anteil der stark überlasteten Kommunen auf 23 Prozent. Viele Kommunen begriffen die Unterbringung Geflüchteter immer mehr als Daueraufgabe und hätten zusätzliche Kapazitäten aufgebaut.
5. Vorurteil: Mehrsprachigkeit hindert Kinder an der Integration:
Laut der Kinder- und Jugendhilfestatistik 2022 sprechen etwa 21 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zuhause überwiegend eine andere Sprache als Deutsch, in Hamburg sind es bei Familien mit Migrationsgeschichte über die Hälfte. Studien zeigen jedoch, dass Mehrsprachigkeit Kinder nicht überfordert, sondern ihre kognitive Flexibilität und Anpassungsfähigkeit fördert. Junge Menschen profitieren mental von ihrem mehrsprachigen Umfeld und lernen Deutsch dennoch gut.
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