Weibliche Genitalverstümmelung oder auch „Female Genital Mutilation“ (FGM) bezeichnet die teilweise oder vollständige Entfernung der äußeren weiblichen Genitalien oder andere Verletzungen der weiblichen Geschlechtsorgane ohne medizinische Gründe. Die Verstümmelung erfolgt in der Regel ohne Betäubung mit unhygienischen Hilfsmitteln wie Rasierklingen oder Messern. [1]
Nach Angaben von UNICEF sind weltweit circa 125 Millionen Frauen und Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen, vor allem im nördlichen Afrika aber auch in südostasiatischen Ländern. Auch in Deutschland sind Mädchen und Frauen dem Risiko ausgesetzt, heimlich hierzulande oder im Ausland an ihren Genitalien verstümmelt zu werden. Seit September 2013 wird die Verstümmelung weiblicher Genitalien als eigener Straftatbestand gemäß § 226 a Strafgesetzbuch (StGB) eingestuft und kann mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden.[2]
Am 06. Februar ist internationaler Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. Hierfür haben wir Halima interviewt. Halima stammt aus Somalia und kam 1993 nach Deutschland. Seit 30 Jahren ist sie in Deutschland und wohnt in Mainz.
Warum wird Genitalverstümmelung an Mädchen und jungen Frauen durchgeführt?
Von Anfang an, wenn du noch ein Kind bist da verstehst du das noch nicht und denkst, das gehört dazu, dass du beschnitten wirst. Erst später begreifst du eigentlich was da passiert ist. Als ich selbst noch jung ein junges Mädchen war, so 16 – 17 Jahre, da wird dir erzählt, dass wenn du nicht beschnitten wirst du zu einem schlechten Mädchen. Um dich davor zu schützen wird das gemacht. Das entscheiden dann immer die Eltern. Das ist dort einfach Tradition seit vielen Jahren. Heute weiß ich, dass das nicht stimmt. Jeder kann mit seinem Leben machen was er will
Was sind die Folgen einer Genitalverstümmelung?
Die Folgen sind von Anfang an da, falls du diesen Eingriff überhaupt überlebst. Da ist erstmal das schlechte Material was die dafür benutzen, so ein stumpfes Messer oder eine stumpfe und nicht desinfizierte Rasierklinge. Dadurch kannst du eine Infektion bekommen, oder eine Blutung oder sogar sterben. Wenn du diese Situation überlebst, denn viele schaffen das gar nicht, weil du vielleicht wichtige Venen triffst oder an den Folgen von den stumpfen unhygienischen Material stirbst, dann werden erstmal deine Beine zusammen verbunden. Du wirst unten zugenäht, in manchen Situationen haben sie keinen Faden. Da benutzen sie die Dornen einer Rose, um die Wunde zuzumachen. Zwei Wochen werden deine Beine festgebunden, die Wunde kann nicht atmen, das kann sich entzünden und es riecht furchtbar. Die Begründung ist, dass deine Wunde so nicht wieder aufgeht. Falls du unglücklich hinfällst und sie sich öffnet, fangen sie mit dem zunähen wieder von vorne an.
Der Prozess ist wirklich das schlimmste, wenn du als kleines Mädchen im Alter von 6 Jahren das machen musst, setzt sich eine erwachsene Frau auf deinen Bauch, dann bekommst du keine Luft aber du zappelst auch nicht. Niemanden interessiert es, ob du Schmerzen hast oder nicht. Keine Ausnahmen. Wenn du diese Situation überstanden hast, dann verfolgt einen die Situation bis heute. Die Folgen spürst du bis heute noch immer. Du kannst diesen Tag nicht vergessen, da der Eingriff nicht unter Narkose verläuft, du bekommst mit wie ein Teil deines Körpers abgeschnitten wird. Du kannst dann später sehr schlecht urinieren. Da wird eine Öffnung so groß wie ein Reiskorn oder noch kleiner gelassen. Wenn du deine Periode bekommst, das wird ebenfalls schwierig. Man hat immer Unterleibschmerzen. Viele Mädchen hier in Deutschland gehen dann auch nicht zum Frauenarzt, weil sie die Sprache noch nicht so gut können. Die Situation vergisst man leider nicht, du bist traumatisiert.
Erst mit der Eheschließung und wenn du dann Kinder bekommst wird diese Wunde geöffnet und wieder verschlossen. Ich habe mich dann hier in Deutschland dazu entschlossen, dass sie bei mir nach der Geburt meines einen Kindes nicht mehr zunähen. In Somalia ist das zum Beispiel nicht so. Da kannst du dir das nicht aussuchen.
Wie hilfst du Mädchen und jungen Frauen, die unter Genitalverstümmelung leiden oder die davon bedroht sind?
Bis ich selbst verstanden habe, dass das keine gute Tat ist und dass die Folgen so schlimm sind, hat es lange gedauert. Mit der Bescheidung gibt es das ja aus religiöser Sicht bei den Männern (Judentum) aber bei uns Frauen ist das nicht religiös. Es macht keinen Sinn. Und das versuche ich denen (den Eltern) begreiflich zu machen. In Deutschland ist das ja mittlerweile verboten, das hilft schon oftmals aber ich freue mich jedes mal, wenn ich hier jemanden helfen kann aber auch in Somalia. Dort telefoniere ich auch hin und kläre auf. Und der Tag heute ist sehr wichtig für mich. Es soll nicht vergessen werden, dass das eine schlimme Tat ist. Man muss das Thema immer wieder thematisieren, da viele denken, dass das Pflicht sei. Als junges Mädchen hast du keine Wahl
Wenn ich jemanden retten kann, dann ist das ein Gewinn!
Hier haben wir noch einen Flyer der Landeshauptstadt Mainz für Euch mit Informationen und Hilfen für Betroffene:
[1] Quelle: https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/society/20200206STO72031/weibliche-genitalverstummelung-hintergrund-und-folgen
[2] Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/g/genitalverstuemmelung.html